Montag, 29. August 2016

Piaget und co

Laut Diagnostik zeigen alle meine SchülerInnen eine starke Entwicklungsverzögerung auf. So stehen auch meine neunjährigen 3.Klässler auf dem Entwicklungsstand von einem Kleinkind. 
Doch was meinen wir überhaupt mit dem Begriff Entwicklung? Was zeichnet Entwicklung aus und was bedeutet es für meine Förderplanung, wenn ein Kind eine Entwicklungsverzögerung hat?

Zu den Fragen, was Entwicklung bedeutet, wie sie abläuft und was sie vorantreibt, gibt es unterschiedliche Theorien. Im Folgenden gehe ich auf drei wesentliche Theorien genauer ein:

Interaktionistische Theorie von Lew S. Wygotski (1896-1934)
Nach seiner Theorie, entwicklet das Kind nahezu alle psychischen Strukturen und kognitiven Fähigkeiten durch die Interaktion mit anderen Menschen. Durch Anleitung und Interaktion gelangt ein Kind von seiner aktuellen Zone der Entwicklung in die Zone der nächsten Entwicklung. Was über der ZdnE ist, überfordert das Kind. Wygotski spricht insbesondere der Sprache und dem Spiel grosse Bedeutung zu.

Autogenistische Theorie von Jean Piaget (1896-1980)
Nach Piagets Stufenmodell durchlebt jedes Kind verschiedene aufeinander aufbauende Stufen. Um die nächste Stufe zu erreichen, muss erst die Vorherige durchlebt werden. Die Prozesse der Assimilation (Vertrautes erkennen durch bereits bestehende Schemata) und Akkomodation (Transformation der Schemata durch neue Erkenntnisse) zeichnen den Entwicklungverlauf nach Piaget aus.

Exogenistische Theorie von B.F. Skier (1904-1990)
Skinner geht davon aus, dass Konsequenzen, die auf ein Verhalten folgen, eben dieses Verhalten beeinflusst. Verhaltensweisen, auf die das Kind angenehme Konsequenzen erlebt oder unangenehme Konsequenzen vermeiden kann, werden vermehrt gezeigt. Skinner unterscheidet dabei positive und negative Verstärkungen.



Bei der Förderung und Erziehung von Regelschulkindern bedienen wir uns gerne verschiedener Theorien. Je nach Situation wird die eine Theorie oder die Andere beigezogen. - oft ganz unbewusst und intuitiv.
Alle drei Theorien haben sowohl positive Aspekte, als auch negative oder überholte Sichtweisen. Darauf möchte ich aber nun nicht genauer eingehen. Vielmehr stellt sich mir die Frage, inwiefern die Theorien für meinen Schulalltag mit schwer mehrfachbehinderter Kinder relevant sind.

In Wygotskis Theorie der ZdnE finde ich mich in meiner Rolle als Lehrperson wieder. Auch der grossen Bedeutung der Sprache, wobei ich konkretisieren möchte: der Kommunikation, kann ich beistimmen. Ich bin der Überzeugung, dass Interaktionsprozesse für Entwicklungsschritte unabdingbar sind. Dennoch beobachte ich bei meinen Schülern auch einen gewissen stufenförmiger Entwicklungsverlauf und bediene mich teilweise bewusst dem Modell nach Piaget. So kann ich bei manchen Schülern eine stufenförmige Entwicklung, wie sie Piaget beschrieben hat, erkennen. Als Beispiel die kognitive Entwicklung innerhalb der Sensomotorik nach Piaget. Nur stellt sich mir dort die Frage; was wenn die kognitive Entwicklung auf Grund einer Körperbehinderung nicht mit der motorischen Entwicklung übereinstimmt. Wie kann ich dann die kognitiven Leistungen einschätzen ohne den Schüler per se zu unterschätzen?
Und so bleibt noch Skinner, der in der Erziehung seinen festen Platz findet. Lob und Tadel repräsentieren weitestgehend die Erziehung im Elternhaus und in der Schule. Dem ist an sich auch nichts auzusetzten, wenn man es achtsam einsetzt und immer wieder überprüft, in welchen Situationen es sinnvoll ist und wo Entwicklungsschritte durch die Konsequenzen gehemmt werden.


Mittwoch, 24. August 2016

wie im Zoo

Es ist soweit. Wir haben unsere erste Team-Unstimmigkeit hinter uns.

Ich habe aus methodisch-didaktischen Gründen Veränderungen an der Schulzimmereinrichtung vorgenommen und dies zur Kenntnisnahme meinen Teamkollegen schriftlich mitgeteilt. Beim Zusammentreffen im Team stellte sich heraus, dass manche meine schriftliche Ankündigung noch nicht gesehen haben und vor den Kopf gestossen waren.

Ich bin der missmutigen Stimmung mit offenen direkten Gesprächen begegnet und konnte so Missverständnisse klären.

Trotz Empathie und Verständnis für die Teammitglieder, hat mich die Situation noch beschäftigt. Scheinbar muss ich mein Kommunikationsstil besser anpassen. Doch was war der ausschlaggebende Punkt? Weshalb kam es zu dieser Unstimmigkeit? So ganz nachvollziehbar war es für mich dann doch nicht.

Ich habe mich daraufhin mit einer Lehrerkollegin ausgetauscht und sie erzählte mir von vier Typen, die repräsentieren, wie unterschiedlich Menschen mit Veränderungen umgehen.

Zum einen gibt es da die Kuh. Sie lebt auf einer Weide. Das Gras macht satt und die Umgebung ist vertraut. Beim Angebot die Weide zu wechseln, blockt sie ab. Sie sieht in der Veränderung nichts Erstrebenswertes und das Ungewisse macht ihr Angst.
Auch der Hund ist bei dem Vorschlag besorgt. Nicht wegen der Idee an und für sich, sondern darum, dass es allen Beteiligten gut geht und keiner zurückbleibt.
Der Löwe zieht sich bei dem Vorschlag erst einmal zurück. Wägt Vor- und Nachteile ab, stellt einen Plan auf und entscheidet dann, ob und in welcher Form die Veränderung bzw. der Wechsel der Weide stattfinden kann. Einzig der Affe springt sorglos auf die andere Weide und steht damit Veränderungen offen gegenüber. Er macht den Anderen die Veränderung schmackhaft und räumt Ängste aus dem Weg.

In meinem Team habe ich sowohl Kühe, Hunde als auch Affen. - Zum Glück bin ich ein Löwe und kann nun bei meinen Überlegungen und Planungen alle Typen berücksichtigen.

(https://www.etsy.com/de/listing/113368094/1970er-jahren-tiere-loumlwe-tragen-hund)
       

Montag, 22. August 2016

In die Karten schauen


Ich habe mich dazu entschlossen, erst einmal meinen Fokus auf den Teamaufbau zu legen.
Denn das Team stellt das Fundament für die Arbeit im Schulalltag dar.

Doch mit wem habe ich es da überhaupt zu tun? Welche Charaktere und Persönlichkeiten finden sich da und welchen Erwartungen und Ängsten bin ich ausgesetzt?

Um das herauszufinden habe ich mich einem einfachen und effektiven Tool bedient; 
den Bildkarten für Coaching und Beratung, die Fotografien von realen Situationen zeigen. Jedes Teammitglied durfte sich je eine Karte aussuchen, die ihn selbst, seine Wünsche und seine Ängste repräsentieren und sie dann anschliessend den anderen Teammitgliedern vorstellen.
Anhand der Bilder erreicht man auch Personen, die sich schwer tun, über etwas zu sprechen und als Erzähler selbst, erhält man etwas Abstand zu Thematik.

Die Ergebnisse, insbesondere die Metaphern waren sehr interessant und aufschlussreich. 

(https://exlibris.blob.core.windows.net/covers/9783/4073/6535/4/9783407365354xxl.jpg)

Samstag, 20. August 2016

Erster Schritt


Ich arbeite seit dem neuen Schuljahr an einer Schule mit schwer und mehrfachbehinderten Kinder im Alter von vier bis neun Jahren. Die Kindergruppe ist genauso durchmischt und bunt wie das Team an Assistenten, Pädagogen und Therapeuten um sie herum.

Auf dem Bild ist ein Junge zu sehen, der seine ersten Schritte macht. Dazu braucht er noch Unterstützung, etwas woran er sich halten kann, was ihm Halt gibt.
Das Mädchen wiederum sitzt im Rollstuhl, den sie nicht alleine bedienen kann. Auch sie möchte vorwärts kommen und ist dabei auf Hilfe, auf Jemanden den sie anstösst, angewiesen.
Gemeinsam bilden sie ein Team. Jeder ist authentisch und bringt seine Möglichkeiten in die Zusammenarbeit mit ein. Gemeinsam kommen sie vorwärts. Wohin bleibt ihnen überlassen.

Was aber sind nun meine ersten Schritte?
Was unterstützt mich, gibt mir Halt?
Wer stösst mich an, hilft mir weiter zu kommen?
Wie ist mein Team aufgebaut?

und vor allen Dingen, wo möchte ich hin? 



Freitag, 19. August 2016

Prolog


Mein Leben dreht sich um Bildung.

Ich lehre und lerne; bin Lehrerin und in Ausbildung zur Heilpädagogin.



Doch was ist Bildung? Was verstehen wir unter Bildung? Und wer ist bildungsfähig?


Diesen und weiter Fragen werde ich innerhalb dieses Blogs auf den Grund gehen und dabei auch meinen persönlichen Lernprozess reflektieren.


                                          

                                         (https://www.pinterest.com/pin/502292164672553443/)